KRITIK: Morgen, Traverse Theatre ✭✭✭✭

Morgen

Traverse Theatre

Vier Sterne

Von urkomischem schwarzen Humor bis zu Szenen, die das Publikum zu Tränen rühren, ist „Morgen“ eine visuell beeindruckende Show, die geschickt versucht, die Erfahrung von Demenz aus der Sicht der Betroffenen und der Pflegenden einzufangen. Es ist die neueste Produktion der in Glasgow ansässigen Vanishing Point Theatre Company, die für ihre impressionistischen Stücke, die ebenso viel Handlung wie Worte nutzen, anerkannt ist. Konzipiert und inszeniert von Matthew Lenton, fesselt es von Anfang an mit seiner eindrucksvollen Darstellung von Demenz als identitätsentziehende Maske, die den ganzen Kopf des Trägers umhüllt. Im Mittelpunkt steht George, ein junger Mann, der ins Krankenhaus geht, um seine Frau zu besuchen, die gerade ihre Tochter zur Welt gebracht hat, doch sowohl er als auch das Publikum finden heraus, dass diese Realität brüchig und verwirrend wird, als die Handlung sich in ein Pflegeheim für ältere Menschen mit Demenz entwickelt.

Das düstere Thema wird durch den dringend benötigten schwarzen Humor des Pflegepersonals ausgeglichen, das durch Witze und Spiele damit umgeht und dabei versucht, ihre Menschlichkeit zu bewahren. Das Stück behandelt scharf die Auswirkungen von Demenz auf die Familien der Betroffenen und ihre Betreuer, zeigt sich jedoch am einfallsreichsten, wenn es versucht, die verwirrende, erschreckende Erfahrung des Gedächtnisverlusts und des Verlusts des Gefühls für die eigene Identität und den Ort festzuhalten. Zusammen mit einer starken Besetzung ist die visuelle und akustische Wirkung der Produktion ein Verdienst des Teams, zu dem Designer Jamie Harrison, Lichtdesigner Kai Fischer, Sounddesigner Mark Melville und Kostümdesignerin Jessica Brettle gehören. Es ist eine kraftvolle Show, die unvergessliche Bilder hinterlässt und eine kompromisslose Vision von Alter und Demenz bietet.

Produktionsfoto von Mihaela Bodlovic